Ein spezieller „Antikapitalismus“

Ist der Beitrag von Dr. Günter Rexilius antikapitalistisch?

Er kritisiert an der Friedensbewegung:

“In den meisten Stellungnahmen und Diskussionsbeiträgen aber fehlt eine entschiedene Positionierung für die Abschaffung kapitalistischer Produktions- und Lebensverhältnisse”.

In dieser Allgemeinheit kann ihm jeder Linke zustimmen und die “Abschaffung kapitalistischer Produktions- und Lebensverhältnisse” ist das Ziel jedes Antikapitalisten.
Er redet der Friedensbewegung, mächtig ins Gewissen: Die europäische Friedensbewegung würde nicht ausreichend berücksichtigen, daß ihr Wohlstand auf der weltweiten Ausbeutung beruht.

“Fundamente unserer *soliden, gesättigten Lebensgrundlagen sind Völkermord und Versklavung,* bis zum heutigen Tag; Missachtung und Zerstörung des kulturellen, religiösen und zivilisatorischen Reichtums anderer Völker; Diebstahl, Raub des natürlichen Reichtums anderer Länder, Völker und Kontinente; Aussaugung der Lebensenergie von Millionen Menschen in Fabriken und auf Feldern; Auslöschung von Körpern und Seelen mit einer Grausamkeit, die unseren Menschenrechten, unserem Humanismus für immer eine blutrote Färbung verpasst. “

Wir, die ausgebeutete Klasse in Europa, zerstören nicht den “kulturellen, religiösen und zivilisatorischen Reichtums anderer Völker”, wir rauben nicht den “natürlichen Reichtum anderer Länder, Völker und Kontinente;” und saugen nicht die “ Lebensenergie von Millionen Menschen in Fabriken und auf Feldern” .Das macht die herrschende Klasse und das kapitalistische System. Wenn sich die Kapitalistenklasse nicht diesen gigantischen Reichtum, der sich in der weltweiten Verschuldung wiederspiegelt, mit Krieg und Raub angeeignet hätte , gäbe es dieses Elend nicht.
Außerdem gibt es auch eine zunehmende Verarmung auch bei uns.
Es ist perfide, die unterworfene Klasse in den europäischen Metropolen für das weltweite Elend verantwortlich zu machen, und das Elend bei uns unter den Tisch zu kehren.
Dies zeugt von einer eurozentristischen Sichtweise, die weit entfernt von einer antikapitalistischen Sichtweise ist , bei der die herrschende Ausbeuterklasse auf der einen Seite und die Ausgebeuteten auf der anderen stehen.
Diese widerliche Selbstbeschuldigung aller Europäer mündet in eine absurde Beschimpfung der Friedensbewegung. Er wirft ihr vor, die falschen Analysen zu betreiben:

“Wer ist denn nun böse in der Ukraine? Wir leisten uns den Luxus, Fragen zu stellen, die unserer intellektuellen Selbstbefriedigung dienen.”

Wenn wir nach den Ursachen für den Putsch in der Ukraine fragen und die kriminellen Natokriege zur Erlangung der US- Weltherrschaft anprangern, dann ist das ein Luxus, den wir uns nicht leisten dürfen, weil nur derjenige wirklich für den Frieden ist , der sich als “Kriegsgewinnler” selbst bezichtigt. Wenn wir es dennoch tun, dann dient das nur unserer intellektuellen Selbstbefriedigung und wir sind von dem wahren Weg des Friedens abgekommen. Hier wird eine Friedensmoral propagiert, die die Kriegstreiber in Schutz nehmen will.

Das schlechte Gewissen, das er den Friedensaktivisten einreden will, soll sie davon abhalten, die Kriegsverursacher in der Ukraine beim Namen zu nennen. Eine solche Friedensmoral dient den Kriegstreibern.

Wenn sich Herr Rexilius als Antikapitalist bezeichnet, schmückt er sich mit fremden Federn.

Weil er bei der Friedensbewegung diese Selbstbezichtigung vermißt, wirft er ihr vor “insgeheim” einen“grotesken Ablasshandel” zu betreiben“ Protest gegen moralische Absolution”.

Die Friedensbewegung ist nur moralisch sauber und wirklich für den Frieden, wenn sie gegen alle Kriege ist.  Das ist für linke Friedensaktivisten sowieso selbstverständlich und das ergibt sich nicht aus einer Selbstbezichtigung als Kriegsgewinnler, sondern aus einer ganz selbstverständlichen Moral, die gegen Krieg, Herrschaft und Ausbeutung für alle Menschen eintritt. Aber bei Herrn Rexilius geht es um etwas anderes.

1. Ziel:

“Wenn der Frieden, der gemeint ist, für alle Menschen gilt, dann muss es um die Beendigung aller Kriege gehen, die für unseren Wohlstand mit Waffen, mit Handelsabkommen und mit den Privatarmeen der Konzerne, mit Versklavung und lebenszerstörenden Arbeitsbedingungen, mit Entrechtung und Vertreibung vom eigenen Land geführt werden. Dann muss der profit- und machtbewusste Interessenverbund von Konzernen und politischen Eliten, als Fundament von Kriegen und Ungerechtigkeiten, /zum ersten Ziel/ friedensbewegter Aktionsmuster werden. “

Er weiß, daß “ profit- und machtbewusste Interessenverbund von Konzernen und politischen Eliten” der Grund für die Kriege ist, aber er will sie nicht abschaffen, sondern sie sollen  nur Ziel der Aktionen sein. Insofern ist das Wort Ziel irreführend, da das Ziel einer Aktion eine Forderung oder ein Zustand ist, der erreicht werden soll. Das Ziel kann nicht der Widerstand selbst sein. Mit einem Widerstand gegen die herrschende Klasse , ohne diese abzuschaffen, lassen sich aber nicht alle Kriege beendigen.

Wenn die Ursachen der Kriege, die Herrschaft der Elite nicht abgeschafft werden soll, dann hat die Ploklamation der Abschaffung aller Kriege einen anderen Hintergrund.

2. Ziel:

“-Ein //zweites Ziel//muss der Widerstand gegen die Abschaffung der demokratischen Grundregeln des Zusammenlebens sein, die sich nicht länger klammheimlich vollzieht, sondern öffentlich-dreist geradezu zelebriert wird. “

Hier wird der Wiederstand als Ziel offen ausgesprochen. Wie es erreicht werden soll, daß nicht mehr“viele VolksvertreterInnen…. nicht länger das Volk (vertreten), sondern… zu Bütteln, zu Erfüllungsgehilfen der ökonomischen Machthaber” werden ,wie die Gesellschaft aussehen muß, damit das nicht mehr der Fall ist, darüber hören wir nichts. Aber genau das müßte der Inhalt der Ziele sein. Stattdessen wird eine abstrakter , weil zielloser Widerstand zum Ziel erklärt.

3.Ziel:

“-/Ein drittes Ziel/ist die Selbstverständlichkeit, mit der Krieg, Militarisierung, Aufrüstung, Waffenproduktion und –export gegen den Willen einer friedenswilligen Mehrheit durchgesetzt werden.”

Die Mächtigen sollen *nicht so selbstverständlich*den Krieg, Militarisierung, Aufrüstung, Waffenproduktion gegen die friedenswillige Mehrheit durchsetzen. Das Ziel ist , daß die friedenswillige Mehrheit mehr mitredet. Hier offenbart sich, Krieg soll gar nicht abgeschafft werden.
Er tritt ein für eine weltweiten Gesellschaftsvertrag:

“Und was könnte eine Alternative sein, wenn wir „anti“ durch „pro“ ersetzen, //wofür//wäre Widerstand sinnvoll? *Für einen neuen Gesellschaftsvertrag, einen, der nicht in unseren Vorgärten versandet, sondern der weltweit gilt.*Alle Menschen haben einen Anspruch auf Frieden, auf Gerechtigkeit, auf Wohlstand, auf Entwicklungschancen, auf das Geniessen der Lebenszeit, die ihnen zur Verfügung steht.”

Wer soll mit wem diesen *weltweiten Gesellschaftsvertrag*schließen?
Ein weltweiter Gesellschaftsvertrag unterstellt eine weltweite Regierung, eine Weltregierung.
In seinen Zielen sagt er an keiner Stelle, daß oder wie die herrschende Elite, die die Welt mit Krieg überzieht, entmachtet werden soll.
Dazu bedarf es einer weltweiten internationalen Solidarität der 99%. Wenn die Nato alle ihre Stützpunkte abgezogen hat, und die Menschen sich den Reichtum, der ihnen von der Elite geraubt wurde, wieder angeeignet haben, können alle Völker, Kommunen und Nationen selbst über ihr Schicksal entscheiden. Dafür braucht es keinen weltweiten Vertrag.

Aber um eine Beseitigung der Ursachen der Kriege geht es Herrn Rexilius nicht. Im Gegenteil, er greift die Friedensbewegung an, wenn sie nach den Schuldigen für den Ukrainekrieg fragt.

Die Friedensbewegung ist nur dann moralisch sauber und wirklich für den Frieden, wenn sie für einen neuen weltweiten Gesellschaftsvertrag eintritt.

Da in seinemKonzept die herrschende Elite im Amt bleibt, läuft sein Eintreten für einenweltweiten Gesellschaftsvertrag auf ein Eintreten für eine neue Weltregierung hinaus?

Siehe auch:„We are one“eine Bewegung für eine neue Weltregierung.
http://occupyfrankfurt.net/2015/03/30/92386/

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